Die meisten Lehrmaterialien, die sich als Ersatz für Tierversuche im Studium eignen, stammen aus den USA oder Großbritannien. Englischkenntnisse sind in der Ukraine aber nicht sehr verbreitet. Russisch- oder ukrainischsprachige Filme und Software sind also ungemein wichtig, um die Akzeptanz für moderne Lehrmittel zu erhöhen und so eine Umstellung auf tierversuchsfreie Kurse voranzutreiben.

Unser Verein Ärzte gegen Tierversuche hat einige deutsche Lehrfilme der leider inzwischen abgewickelten IWF Wissen und Medien gGmbH, Göttingen, bearbeitet. Mit freundlicher Genehmigung der IWF wurden folgende Filme russisch vertont:

  • Experimente zur Physiologie von Herz und Kreislauf am Kaninchen
  • Experimente am isolierten Kaninchenherzen in der Langendorff-Apparatur
  • Anatomie und Funktion des Skelettmuskels
  • Experimente zur Erregungsbildung und -leitung am Froschherzen
  • Renale Mikrozirkulation

Anna Schimpf, ehemalige Assistentin der Geschäftsleitung der Ärzte gegen Tierversuche, stammt aus Kasachstan und übersetzte die Texte ins Russische. Bei den Fachbergriffen gab es Hilfe von unserem ukrainischen Projektpartner, dem Biologen Dimitrij Leporskij. Lidia Schimpf, Annas Mutter, übernahm ehrenamtlich die Rolle der Sprecherin. Die Tonaufnahmen entstanden im Tonstudio des Radio Lora München mit ehrenamtlicher Unterstützung von Silvia Ayoub von den Tierversuchsgegnern München. Alfred Gericke schließlich synchronisierte mit einem professionellen Videobearbeitungsprogramm den Film mit dem neuen Ton.

Ärzte gegen Tierversuche sagt Danke an alle ehrenamtlichen Helfer, die dieses Projekt ermöglicht haben!

Das Resultat kann sich sehen lassen: Qualitativ hochwertige Lehrfilme in technisch perfekter Synchronisation. Bei der Premiere der ersten beiden Filme Ende September 2009 in Simferopol, Dnipropetrowsk und Odessa waren alle anwesenden Studenten und Professoren begeistert. Die Filme werden helfen, vielen Tieren das Leben zu retten.

Synchronisierte Lehrfilme für ein Studium ohne Tierversuche
Synchronisierte Lehrfilme sind ein wichtiger Baustein für ein Studium ohne Tierversuche.

Weitere Lehrmittel

In der damaligen Sowjetunion existierte eine große Anzahl von Videofilmen mit Aufzeichnungen von Tierversuchen. Zu dieser Zeit wurden die Aufnahmen der Experimente von speziellen Filmstudios unter dem Label „Nauchfilm“ (zu Deutsch: Wissenschaftsfilm) getätigt. Die Filme wurden anschließend auf verschiedenen Bändern an sowjetischen Hochschulen frei verbreitet. Durch den technischen Fortschritt und dem Übergang auf digitale Informationsträger ist ein Großteil der Filmsammlungen in den Universitäten in Vergessenheit geraten.

Obwohl die in den Filmen dargestellten klassischen Tierversuche unethisch und inhuman sind, haben sie dennoch nichts an Aktualität eingebüßt und könnten zu Demonstrationszwecken bei der Ausbildung von Studenten eingesetzt werden.

2011 hat die Organisation InterNICHE eine Spende zur Wiederaufbereitung und Digitalisierung der bestehenden Filmsammlungen zur Verfügung gestellt. Dabei hat unser Verein Ärzte gegen Tierversuche dazu beigetragen, die Sammlung im Rahmen unseres Projektes an den Universitäten zu verbreiten.

Eine weitere wichtige Etappe in der Entwicklung eines humaneren Lehrsystems in der Ukraine und anderen GUS-Ländern ist die Ermunterung und Unterstützung von Dozenten bei der Suche nach Alternativen, beispielsweise Computerprogrammen, Videofilmen und Modellen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Alternativen sind vollständig an die bestehenden Lehrpläne angepasst und in der Muttersprache ausgearbeitet. Zudem sind sie preisgünstiger als analoge ausländische Lehrmittel. In den letzten Jahren wurden folgende Alternativen entwickelt:

2009 wurde mit finanzieller Unterstützung des Bundesverbandes der Tierversuchsgegner Menschen für Tierrechte in der Nationalen Karamsin-Universität in Charkiw von Dozenten und Studenten Lehrmaterial mit dem Titel „Alternative Lehrmethoden physiologischer Fächer“ in russischer und ukrainischer Sprache entwickelt, zu dem eine DVD mit verschiedenen Lehrfilmen und -texten gehören.

Im Jahr 2012 wurden mit Unterstützung unserer Organisationen Ärzte gegen Tierversuche und InterNICHE zwei weitere Lehrmittel für ukrainische Dozenten herausgebracht: „Nutzung alternativer Lehrmethoden zur Physiologie des Herz-Kreislauf- und des Lungenapparates“ (Nationale Tavria-Universität Simferopol) und „Nutzung alternativer Lehrmethoden der Physiologie des Magen-Darm-Systems“ (Staatlich-Medizinische Krim-Universität Simferopol).

Der Chirurgiedozent des Agrotechnischen Kollegs Nemeschaew, Piotr Romanenko, hat ein Modell zur Simulation chirurgischer Eingriffe uns anderer Maßnahmen (Nähen, Injektionen, Punktionen etc.) entwickelt. Dieses Modell ist an ukrainischen Universitäten sehr gefragt und wird dank unseres Projektes als Spende weiterverbreitet. Videofilm über das Chirurgie-Modell >>

Die DVD „Stannius-Ligaturen“ von Prof. Nikolai Makarchuk von der Nationaluniversität T. G. Schevchenko Kiew mit klassischen physiologischen Experimenten am Frosch gibt es in drei Sprachen: Russisch, Ukrainisch und Englisch. Im Rahmen unseres Projektes wird auch diese DVD an die Hochschulen, die den Vertrag zum Ersatz von Tierversuchen in der Lehre unterzeichnet haben, kostenlos abgegeben.

Die von ehrenamtlichen InterNICHE-Helfern ins russische übersetzten Programme zur Physiologie und Pharmakologie – „Virtuelle Physiologie“ und „ExPharm“ – werden von Dozenten und Studenten aktiv genutzt. Auf diese Weise haben Dozenten des Instituts für Biologisch aktive Verbindungen, Pharmazie und Biotechnologie der Polytechnischen Hochschule Lwiw methodische Hinweise für Laborarbeiten im Kurs „Pharmakologie“ entwickelt. Diese Methodik hilft den Studenten beim Übergang zu einem neuen, in Bezug auf Tiere vollkommen tierversuchsfreien Lehrplan.

Die Praxis hat gezeigt, dass alle oben aufgeführten Alternativen nicht nur an Hochschulen der Ukraine, Russland und Weißrussland, sondern auch weit darüber hinaus gefragt sind. So stießen diese Lehrmittel auch an den Universitäten in Usbekistan und Kirgisien auf ein großes Interesse gestoßen und wurden stark nachgefragt.