Die Ratte sitzt teilnahmslos vor der leeren Futterschüssel. Ihr Fell ist gesträubt, sie reagiert nicht mehr auf akustische Reize. Seit 7 Tagen bekommt die Ratte keine Nahrung. Sie hat die Hälfte ihres Gewichts verloren. Dann wird das Tier geköpft, um ihre inneren Organe zu wiegen. Glücklicherweise ist die Ratte nicht echt. Ihr Leiden wird als Animation in dem neuen Simulationsprogramm „Virtuelle Pathophysiologie“ dargestellt, das Ärzte gegen Tierversuche finanziert hat.
Mit der neuen Software und einem Begleitbuch zur Pathophysiologie, der Lehre von den krankhaften Veränderungen des Körpers, fügen wir einen weiteren wichtigen Baustein in unser erfolgreiches Osteuropa-Projekt und verhindern damit besonders grausame Tierversuche in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion.
„Virtuelle Pathophysiologie“ besteht aus 15 interaktiven Flash-Animationen und einem Begleitbuch mit Erläuterungen und Testaufgaben in russischer Sprache. Ein Team bestehend aus ukrainischen und weißrussischen Pathophysiologen, Grafikern und Programmierern sowie unserem ukrainischen Projektpartner Dimitrij Leporskij hat zwei Jahre an dem Projekt gearbeitet und ein interaktive Programm entwickelt, das speziell auf die üblichen Tierversuche in den Ex-Sowjetstaaten zugeschnitten ist. Alle Beteiligten verzichten bewusst auf ein Copyright, damit die Software kostenlos an möglichst viele Unis der Ex-Sowjetländer verbreitet werden kann.
Software und Begleitbuch werden an 300 Universitäten in der Ukraine und Russland kostenlos verteilt.
Wichtig beim Ersatz der Tierversuche ist, dass die Hochschullehrer zufrieden mit den von uns bereitgestellten tierversuchsfreien Lehrmitteln sind. Um die Akzeptanz zu erhöhen, haben wir mehrere deutsch- und englischsprachige Lehrfilme russisch synchronisiert und die Erstellung eines russischsprachigen Lehrfilms mit Begleitheft zum Thema Physiologie des Magen-Darmtrakts finanziert.
Zwar haben wir bereits mehrere Pathophysiologie-Kurse ersetzt, aber es war immer unbefriedigend, weil wir den Professoren nichts Passendes anbieten können. Während es für die Fächer Physiologie, Anatomie und Zoologie eine enorme Vielfalt an Computerprogrammen und Filmen gibt und hier der Ersatz leicht fällt, stehen wir beim Fach Pathophysiologie immer vor dem Problem, dass es hier außer einigen alten Lehrfilmen aus Sowjetzeiten keine tierverbrauchsfreien Lehrmittel gibt. Das liegt hauptsächlich daran, dass weder im angloamerikanischen Raum, wo die meisten Computerprogramme und Filme herkommen, noch in Deutschland dieses Fach an Tieren gelehrt wird. In den Ex-Sowjetländern sind diese Kurse aber immer noch Gang und Gäbe. Und diese Versuche sind extrem grausam. Hunger, Blutarmut, Sauerstoffmangel, allergischer Schock, Entzündung, Fieber, Barotrauma (Druckverletzung beim Tauchen) und andere Grausamkeiten werden bei Tieren zu bloßen Anschauungszwecken ausgelöst.
Modul "Barotrauma"
Das Projekt inkl. Erstellung der Simulation, Lehrbuch und Versand an 50 Institute in der Ukraine und 200 in Russland hat 8.000 Euro gekostet. Ein Schnäppchen für diesen großen Aufwand. Und es ist jeden Cent wert. Denn dieses Projekt wird dazu beitragen, tausende Tiere vor einem extrem qualvollen Tod zu bewahren.